Gegen halb sieben weckt mich meine innere Uhr – viele Pilger sind schon aufgestanden und haben sich auf den Weg gemacht. Mittlerweile bekommen wir Routine: Sachen zusammen packen, frisch machen, kleines Frühstück, Schuhe anziehen und Rucksack aufsetzen. Wir haben unsere Morgenroutine von 2 auf 1,5 Stunden reduziert. Ein kleiner Erfolg, trotzdem bleiben wir wohl einfach Teamnichtdieersten.
Es ist noch nebelig als wir loslaufen, da es gestern viel geregnet hat, ist der Weg schlammig und ich beneide meine Freundin das erste Mal für ihre festen Bergschuhe. Ich sinke das ein oder andere Mal mit einem Schreck-Schrei in den Matsch ein und spüre sofort die Feuchtigkeit an meinen Füßen. Wir haben uns heute kein Ziel gesetzt, ganz nach dem Motto: wir nehmen einfach ein freies Bett, wenn unsere Beine müde sind laufen wir los.
Das Wetter ist perfekt, es ist zunächst bedeckt und angenehm zu gehen. Die ersten zehn Kilometer laufen sich wie von selbst, sodass wir zwischenzeitig ein paar Meter laufen. Nach 18 Km kommen wir in Markina-Xemein an, das heutige Tagesziel für viele unserer Pilgerfreunde. Da es erst Mittag ist und wir noch fit sind wollen wir nach einer Mittagspause weiter laufen. Es gibt das erste Mal Tortilla für uns.
Vor der Herberge warten viele andere Pilger, welche sich einen Platz sichern wollen. Es wurde eine Jakobsmuschel auf unserem Weg gefunden, beim zweiten Hingucken erkenne ich sie: sie gehört meiner Freundin. Wahrscheinlich ist sie bei unserem Rucksack-Lauf abgefallen, ohne dass wir sie je vermisst hatten haben wir sie glücklicherweise wieder. Jetzt geht es für uns noch drei Stunden durch die Sonne bis zu unserem Ziel: ein Kloster in ca. zehn Kilometer Entfernung.
Dieser letzte Abschnitt ist wunderschön – an kleinen Bächlein entlang und an vielen Obstbäumen vorbei. Wir sind ausgelassen und unsere Energie ist noch nicht aufgebraucht. Als wir das Kloster erreichen kann ich meinen Augen nicht trauen, welch ein wunderbar ruhiger Pilger-Palast sich hier zeigt. Es gibt zwei kleine Zimmer mit jeweils neun Betten, eine geräumige Terrasse und viele Wiesen.
Nachdem wir geduscht haben und unsere Wäsche gewaschen haben, machen wir in aller Ruhe eine Runde Deep-Strech Yoga zur Entspannung.
Um halb acht findet eine Messe statt an der wir teilnehmen und im Anschluss gibt es gemeinsames Abendbrot. Es wurde eine Nudel-Reis-Gemüse-Pfanne für uns zubereitet. Das gemeinsame Abendessen stärkt die Gemeinschaft. Im Anschluss sitzen wir beisammen, trinken Wein und unterhalten uns: ein Mix aus Spanisch, Französisch und Deutsch ertönt von der Terrasse – es wird gel(i)ebt.
Jetzt liege ich in meinem Bett, bin dankbar für all die Erfahrungen und Begegnungen des heutigen Tages und freue mich auf all das was noch kommt.
Alles kann, nichts muss.
Na, das kann ja lustig werden der Run auf ein Bett zum schlafen.????